Leseprobe

Onkel Dave

 

Es ist Mitte Dezember des Jahres 2034 und mein Name ist Jacqueline Winters. Ich bin die Nichte von Onkel Dave, dessen voller Name David Bowman lautet.

Er ist 79 Jahre alt und ich traf ihn im Autumn Life wieder, einem Heim für ältere Mitbürger hier in Aldershot.

Eines Morgens, etwa vor zwei Wochen und in der Arbeitskleidung des Seniorenheims, klopfte ich an die Tür seines Zimmers und trat ein. „Hallo, Onkel Dave!“ sagte ich lächelnd als ich ihn in seinem Ohrensessel sitzen sah.

„Ich bin es, Jacqueline, die Tochter deines Bruders Jim.“

Er benötigte einige Sekunden um sich zu erinnern, aber dann erwiderte er fröhlich: „Jacqueline? ... Ja! ... Jim! ... Nein, du bist erwachsen geworden!“

Ich kniete mich auf eine Seite des Sessels, wir umarmten uns und dann lächelte ich: „Na ja, es ist viele Jahre her. … Wie geht es dir?“

„Oh, gut“, antwortete er zurücklächelnd, „die Knie wollen nicht mehr so, wie ich es gerne hätte, aber sonst geht es mir gut. … Und wie geht es dir?“

Ich setzte mich auf den anderen Ohrensessel an seine Seite und erzählte ihm: „Oh, bei mir ist alles in Ordnung. Mich hat man hier runter in den Süden versetzt, da es oben im Norden nicht viele Arbeitsstellen gibt. … Und hier sah ich deinen Namen auf der Bewohnerliste des Hauses und daher dachte ich, ich schaue mal rein und sehe nach.“

„Ich bin sehr froh darüber, dass du das getan hast“, sagte er grinsend.

Er freute sich sehr mich zu sehen und während wir uns unterhielten, brachte ihn mein nordischer Akzent zum Lächeln.

„Jep Mädchen“, sagte er plötzlich mit einem starken Yorkshire Akzent, „‘s is wirklich gut dich zu sehen“, und wir lachten beide.

Er stellte mir danach einige Fragen über meinen Vater und unsere Familie; und dann über mich selbst.

„Immer noch verheiratet?“, fragte er und ich antwortete ein bisschen traurig: „Nein, nicht mehr, … geschieden.“

Er lehnte sich zu mir herüber, legte seine Hand auf meine und warm lächelnd meinte er: „Mach dir keine Gedanken Mädchen, eine gut aussehende Frau wie du, … du wirst wieder jemanden finden“, und ich lächelte.

 

Routinemäßig habe ich fünf Tage Schicht pro Woche und ich unterhalte mich immer mit ihm, wenn Zeit ist. Manchmal ist es nur zwei oder drei Mal für 10 Minuten in einer Schicht, aber manchmal können wir auch für eine halbe Stunde oder mehr reden.

Das Personal und die Menschen hier sind einfach nur großartig und manchmal können wir ganz herzhaft über viele verschiedene Dinge lachen.

Einmal sagte Onkel Dave zu mir: „Seit du vor zwei Wochen in das Heim gekommen bist, ist die Atmosphäre hier anders. Es ist als ob wir alle ein neues Leben gefunden hätten! … Und wir müssen uns alle bei dir dafür bedanken, Jacqueline.“ Und darüber freute ich mich sehr.

 

Heute ist der 26. und wir hatten alle ein fröhliches Weihnachtsfest, aber jetzt relaxen wir alle nur ein wenig.

Kurz nach dem Mittagessen saßen Onkel Dave und ich in seinem Zimmer und unterhielten uns. „Ich glaube ich habe zu viel gegessen“, sagte er und wir beide lachten.

Dann sprachen wir über einige Dinge, die in seinem Leben passiert waren.

„Onkel Dave, du beschreibst immer alles so genau, du solltest ein Buch schreiben!“, sagte ich und er kicherte ein bisschen. „Ich beschreibe alles detailgetreu, weil … “, und dann wurde er ein bisschen traurig, „weil ich es gewohnt war das immer für deine Tante Carol zu tun; … sie war blind, wie du weißt.“

Ich nickte und bat: „Erzähl mir von ihr, bitte.“

Er dachte einen Moment lang nach und meinte dann: „Ich weiß nicht, was ich dir erzählen soll!“

„Dann“, sagte ich interessiert, „dann fang am Anfang an. Wo hast du sie getroffen?“

Erneut dachte er einen Augenblick nach und erzählte: „Hier in England.“

„In England?“, fragte ich nach, „Wo warst du?“

Er begann zu erklären, aber seine Erinnerungen kamen nicht der Reihe nach zurück und so sagte ich nach ungefähr 10 Minuten: „Warte mal, Onkel Dave. Ich hole mir etwas Papier, wir sollten das alles Mal aufschreiben!“, und stand auf und verließ sein Zimmer.

Bald kam ich mit einem Notizbuch und einem Bleistift zurück, setzte mich in den Ohrensessel ihm gegenüber und sagte: „So, wiederhol das noch mal! … Wo hast du Tante Carol getroffen?“

Er lehnte sich über seinen Sessel, nahm ein goldgerahmtes Bild von der Seite seines Bettes auf, lächelte es an und begann dann wieder zu erzählen …